Das Dach, Teil 2

Die Hitze des Sommers geht langsam dem Ende zu und so auch unsere Arbeit am Dach. Der schöne Sommer hatte für die Arbeiten am Dach den grossen Vorteil, dass wir keine Zeit verloren mit mühsamem Abdecken des Daches mit Blachen, um es vor Regen zu schützen. Zudem mussten wir keine regenbedingten Pausen einlegen und kamen mit den Arbeiten sehr gut voran.

Nachdem wir – wie im Teil 1 beschrieben – bis und mit der neuen Sparrenlage für die Dämmebene fertig waren, nahmen wir die nächsten Arbeitsschritte in Angriff:

1. Sticher und Flugsparren
Als Auflager der Flugsparren dienen sogenannte Sticher, das sind in die Dachkonstruktion integrierte Balken, die aus der Fassade auskragen. In unserem Fall sind diese in der Dämmebene untergebracht und so montiert, dass der von aussen sichtbare Flugsparren auf einer Ebene mit den bereits montierten Sparren zu liegen kommt. Die neuen Sticher und Flugsparren haben wir vorgängig von Hand mit einem Schropphobel überhobelt, um diesen einen historischen Charakter zu verleihen. Bevor wird sie montierten, wurden sie mit Ölfarbe im fertigen Farbton gestrichen.

2. Aufmauern der Fassade
Die Herausforderung einer Aufdachdämmung bei einem historischen Gebäude besteht darin, die Trauf- und Ortdetails im Griff zu haben und diesen nicht anzusehen, dass das Dach gedämmt wurde. Ortseitig gelingt uns das, wie oben erwähnt, indem wir die Sticher in die Dämmebene integrieren und diese nun ummauern. Die Fassade wird um die Dämmstärke erhöht, damit das Ortdetail am Schluss so schlank daher kommt wie im historischen Originalzustand.

3. Traufbalken und Aufschieblinge
Auf der Südseite des Hauses haben wir einen profilierten Traufbalken vorgefunden, den wir restaurierten. Auf der Nordseite war dieser nicht mehr vorhanden und wir bauten diesen originalgetreu nach. Die Position des Traufbalkens ist also vorgegeben. Um auch hier ein schönes Detail zu erlangen, haben wir die sehr hoch angesetzten Aufschieblinge etwas heruntergesetzt, damit die Dämmung darunter zu liegen kommen konnte. Der Knick im Dach, den die Aufschieblinge verursachen, ist nun etwas weiter unten.

4. Unterdach und Untersicht
Um den Hohlraum für die Zellulosedämmung zu erhalten, musste ein Unterdach montiert werden. In unserem Fall ist das ein Produkt der Firma Pavatex. Die in zwei Schichten aufgebaute Platte, eine Kombination von einer Weich- und einer Hartfaserplatte, ist während den Dacharbeiten frei bewitterbar und es muss keine vollflächige Unterdachfolie montiert werden. Zudem ist sie begehbar und bringt wegen der Weichfaserplatte eine zusätzliche Dämmung mit sich.

Um den erwähnten schlanken Abschluss ortseitig zu vervollständigen, montierten wir die Untersicht am Ortgang auf derselben Ebene wie das Unterdach. Da dieses aber nicht wasserdicht ist, mussten wir hier noch einen Streifen Unterdachfolie montieren, damit es dicht war. Die Untersicht haben wir aus massiven Fichten-/Tannenbrettern gefertigt und wie auch die übrigen sichtbaren Holzelemente von Hand überhobelt und mit Ölfarbe gestrichen.

5. Konter- und Ziegellattung
Nachdem das Unterdach komplett abgeschlossen und abgedichtet war, konnten wir die Konterlattung auf das Unterdach in die darunterliegenden Sparren nageln. Diese Arbeit war etwas mühsam, da wir uns immer wieder Stehhilfen montieren mussten, um die 150er-Nägel in die von der Traufe zum First laufenden Latten zu befestigen. Anschliessend konnten wir die Dachlatten montieren, an denen später die Biberschwanzziegel eingehängt werden.

6. Ausflocken
Wie schon im ersten Teil über das Dach erwähnt, habe ich mich für die Dämmung mit Zelluloseflocken entschieden. Mit der neuen Sparrenlage, die auf die alten Sparren geschraubt wird, wird das Dach massiv verstärkt und kann das Mehrgewicht locker tragen. Zudem muss beim Ausblasen keine Rücksicht genommen werden auf die Abstände der Sparren – die Breiten der Hohlräume spielen hier keine Rolle.
Um die Flocken, die kompakt gepresst in handlichen Packungen geliefert wurden, nun in die vorbereiteten Hohlräume zu befördern, kam uns ein erfahrener Zimmermannsbetrieb, die Meyer & Salamon AG, zu Hilfe, die auch über die dafür notwendige Ausrüstung verfügt. Die Säcke werden aufgeschnitten und die Flocken in eine zylinderförmige Maschine gepackt, die sie dann verkleinert und über einen Schlauch ins Dach befördert. Im Unterdach werden Öffnungen gebohrt, um den Schlauch einzuführen und die Flocken einzublasen; später schliesst man diese Löcher wieder. Die Flocken werden mit einer Dichte von 55kg pro Kubikmeter eingeblasen. Total wurden 58 Kubikmeter eingeblasen, was einem Gewicht von gut 3.2 Tonnen Dämmung entspricht.

7. Einbau der Rundgauben
Nachdem unsere Arbeiten am Dach soweit erledigt waren, konnte die Zimmerei Meyer & Salamon AG die vorgefertigten Rundgauben einbauen. Sie stand uns nicht nur während der gesamten Dachsanierung beratend zur Seite, sondern stellte uns auch wertvolles Know-how zur Verfügung. Dafür gebührt ihr mein herzlicher Dank.
Die Rundgauben kommen zwischen den alten Sparren zu liegen und ergeben von innen – durch die stehende Glasfläche – einen angenehmen Bezug zum Aussenraum. Damit die Rundgauben von aussen als schlanke Elemente in Erscheinung treten und von innen möglichst viel Fenster zur Verfügung steht, wurden sie mit Aerogelmatten gedämmt. Diese weisen einen massiv höheren Dämmwert auf als eine herkömmliche Dämmmatte.
Ich werde oft gefragt, weshalb ich mich für Rundgauben und nicht für Dachfenster entschieden habe: Der Grund dafür liegt darin, dass sich die Rundgauben viel schöner in das historische Dach integrieren als flach liegende Fenster. Rundgauben wurden auch früher schon eingebaut, wohingegen Dachfenster eine Neuerscheinung sind. Zudem finde ich sie auch im Innenbereich optisch schöner und man hat auf diese Weise eine wesentlich bessere Sicht nach draussen.
Die in Eiche gefertigten Fenster der Rundgauben wurden am Bodensee von der Vogel Fensterbauer AG hergestellt. Das verwendetet Glas (Goetheglas genannt) weist eine leicht strukturierte Oberfläche auf, wodurch es dem mundgeblasenen Glas aus dem 18. und 19. Jahrhundert ähnlich sieht. Damit ist nicht nur die Machart an frühere Zeiten angelehnt, sondern auch optisch wirken die Fenster stimmungsvoller.

Mit der Erhöhung des Daches durch die Aufsparrendämmung mussten auch die Kamine erhöht werden, um einerseits den Brandschutz wieder zu gewährleisten und anderseits die Optik derselben stimmig zu halten. Zudem standen diverse Spenglerarbeiten an: Die Dachrinnen mussten neu montiert sowie die Kamine und Kanalisationsentlüftungen mit Blech eingekleidet werden. Eine grosse Herausforderung für den Spengler stellte die Einkleidung der Rundgauben dar. Die Erhöhung der Kamine und die Spenglerarbeiten sind aktuell erledigt und wir sind mit dem Dachdecker und Zimmermann Martin Hoffmann aus Reinach AG daran, das Dach wieder mit den historischen Biberschwanzziegeln einzudecken. Über die Kaminerhöhung sowie die Spengler- und Dachdeckerarbeiten werde ich später einen separaten Beitrag machen.

One Comment

  • Hallo, lieber Simon
    ich bin fasziniert über den ausführlichen Dach Bericht, und welches know how es in diesem Fall braucht. Habe vieles aber nicht alles verstanden. Ich komme wieder einmal, spätestens im Dezember zum Anlass. Mit liebem Gruss, Willy

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