Fassadenputz, Teil 1

Bereits zu Beginn des Jahres haben wir die ersten Vorarbeiten für den neuen Fassadenputz gemacht. Das komplette Abspitzen des bestehenden Kalkputzes war notwendig, da dieser an den meisten Stellen nicht mehr die nötige Stabilität aufwies und an diversen Orten grossflächig abplatzte. Auf diese Weise kann der Fassadenputz nach historischem Vorbild und Befund wieder komplett neu, mit Sand und Kalk als Bindemittel, aufgebaut werden.

Beim Entfernen des vorhandenen Kalkputzes konnten wir mehrere Schichten erkennen, welche darüber Auskunft gaben, wie der Fassadenputz einst aufgebaut war. Direkt auf dem Mauerwerk konnte man den Anwurf, eine Kalk-Sand-Schlämme, gut erkennen, darauf der Stopfmörtel mit grobem Korn, gefolgt vom Grundputz mit etwas feinerem Sandkorn und schliesslich der Feinputz, eine dünne Schicht mit einem feinen Sandkorn. Die ursprüngliche Farbe des Kalkanstriches war nicht mehr erkennbar, über die Jahre war diese zum grossen Teil abgewaschen und vom Regen verschmutzt worden. Zudem wurden die äusseren Schichten vor einigen Jahrzehnten bereits einmal neu gemacht. Unser Ziel ist es, den Fassadenputz wieder in der historischen Optik erscheinen zu lassen unter Verwendung derselben Materialien, ausgeführt mit denselben Handwerkstechniken wie einst, als das Haus gebaut wurde. Der Aufbau bleibt also grundsätzlich derselbe: Anwurf, Stopfmörtel, Grundputz, Feinputz, Anstrich.

Bevor wir mit den ersten Schritten des neuen Putzes starten konnten, mussten aber noch einige andere Arbeiten erledigt werden, das Restaurieren der Fenstergewände war nur eine davon. Um mit dem Putz schlussendlich sicher beim fertigen Bodenniveau zu sein, mussten wir vorgängig einen kleinen, etwa 20cm tiefen Graben rund ums Haus ausheben. Zudem tangieren die beim Auftragen hinunterfallenden Putzreste auf diese Weise nicht die Arbeiten am Fassadenputz und können später problemlos weggeräumt werden. Als nächstes folgte ein weiterer wichtiger Schritt: die Fassade muss vor der Sonne geschützt werden, um ein zu rasches Abtrocknen des neu aufgetragenen Putzes zu verhindern. Verdampft nämlich das Wasser im Kalkputz zu schnell, kann der Abbindeprozess nicht in der dafür benötigten Zeit stattfinden und der Kalkputz erreicht seine Festigkeit nicht und kann sich nicht genügend mit dem Untergrund verbinden. Um dies zu verhindern, haben wir die komplette Fassade mit Jutetüchern eingekleidet. Jute wurde früher ebenfalls verwendet und ist ein natürlicher, nachwachsender Rohstoff, der ein angenehmes Klima an der Fassade schafft – nicht nur für den Putz selber, sondern auch für die in ihrem Schatten tätigen Handwerker. Bevor mit den eigentlichen Arbeiten an der Fassade begonnen werden konnte, mussten die zum Teil erneuerten und zum Teil restaurierten Fenstergewände abgedeckt werden, um sie vor dem Kalk zu schützen. Danach konnte unser Maurer Armin Sidler, der sich mit seiner Firma auf Umbauten primär historischer Gebäude spezialisiert hat und sich in Sachen Verputz- und Mauerarbeiten bestens versteht, mit dem Verschliessen sämtlicher Löcher und hölzernen Fassadendurchdringungen beginnen. Die Balkenlagen, welche im Innern das Auflager für die Böden bilden, laufen in unserem Fall meist bis ganz nach aussen. Um ein späteres Abplatzen des Putzes in diesen Bereichen zu verhindern, wurde mit einem Vlies erst eine Trennschicht zwischen Holz und Putz geschaffen und danach mit einem Metallnetz überdeckt, um einen sicheren Halt des Putzes zu gewährleisten. Zudem konnte nun auch der Mauerkranz, wie im letzten Artikel über das Dach ganz am Schluss erwähnt, ortseitig aufgemauert werden.

Nachdem nun alle Vorbereitungsarbeiten erledigt waren, konnte mit der eigentlichen Arbeit begonnen werden. Wie oben erwähnt wurde als erstes der Anwurf gemacht. Die Kalk-Sandschlämme wird ­– wie später auch der Stopfmörtel und der Grundputz – mit einer Kelle von einem Brett „geworfen“. Der Anwurf erfolgt direkt auf das Mauerwerk, um eine Haftbrücke zwischen Mauerwerk und Stopfmörtel zu schaffen. Der Stopfmörtel, den wir gegenwärtig anbringen, dient dazu, die gröbsten Unebenheiten im Mauerwerk auszugleichen. Das Gemisch aus 0-4mm Sand, 4-8mm Rundkies und Kalk hat auf Grund des hohen Grobanteils (Rundkiese) die Eigenschaft, dass es auch bei grösserem Mengenauftrag nicht stark reisst. Zudem bildet es eine grobe Oberfläche, auf welcher der Grundputz sich wiederum gut verkrallen kann. Mit dem Grundputz wird sodann nochmals eine feinere Ausgleichsschicht von bis zu 15mm aufgetragen, bevor dann später der Feinputz aufgetragen wird. Wichtig ist, nach jedem Arbeitsschritt die Sinterschicht mittels einer Bürste zu entfernen. Die feinen Partikel im Mörtel kommen beim Auftragen an die Oberfläche und es entsteht beim Trockenen eine Schicht, auf welcher ein weiterer Putzauftrag nicht genügend haften würde. Diese zwingend zu entfernende Schicht nennt man Sinterschicht.

Die gesamte Fassade umfasst rund 360 Quadratmeter Fläche, die mit Putz versehen werden sollen. Das Ziel für dieses Jahr besteht darin, mit dem Grundputz fertig zu werden, sodass im Frühling 2019 der Feinputz und der Anstrich gemacht werden können. Ursprünglich war geplant, sämtliche Fassadenarbeiten im Jahr 2018 zu erledigen. Wir haben uns aber bewusst dafür entschieden, einen Teil im Jahr 2019 zu machen, um auf diese Weise vermehrt selber Hand anlegen zu können. Das Haus wird also noch eine Weile in Jutetücher eingepackt bleiben; umso grösser wird dereinst aber die Freude sein, wenn wir es dann nächstes Jahr auspacken können.

One Comment

  • Grüezi mitenand, mit sehr grossem Interesse verfolgen wir Ihre Kommentare zum Fortgang der Restauration und sind voller Respekt wie Sie mit den alten Techniken arbeiten und so besonnen vorgehen. Wir sind schon ganz gespannt auf das Ergebnis und hoffen natürlich dannzumal alles ansehen zu dürfen. Es wid ein Schmuckstück und Frau Lüthi, die wir kannten, hätte sicher die grösste Freude daran.

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