Der Kachelofen

Der Ofen ist das Herz des Hauses – so sieht es zumindest der Ofenbauer und zu früherer Zeit war das auch wirklich so, denn ohne den Ofen im Erdgeschoss des Hauses wäre das Haus im Winter nicht bewohnbar gewesen. Man beheizte primär die Stube, während die Nebenräume und Zimmer kalt blieben. Die Verhältnisse haben sich geändert; so wird auch im Seckelmeisterhaus eine Zentralheizung untergebracht, die sämtliche Räume mit Wärme versorgen wird. Aus denkmalpflegerischen Gründen legte ich aber dennoch Wert darauf, die historische Heizquelle beizubehalten und weiterhin als Holzheizung betreiben zu können.
Damit das auch tatsächlich möglich ist, musste der gesamte Ofen inklusive Sitzkunst (Chouscht) neu gesetzt werden. Der Ofen erhielt also ein komplett neues Innenleben. Für diese Arbeit zog ich den Hafnermeister Heinz Loher aus Muri bei. Heinz Loher verfügt über ein grosses Know-how, wenn es um Kachelöfen geht. Er kann auf einen grossen Erfahrungsschatz zurückgreifen und hat zudem die Meisterprüfung auf seinem Beruf absolviert. Mit seiner Firma Heinz Loher (www.ihr-ofenbauer.ch) bietet er unter anderem genau solche Arbeiten an.

Vor seinem Arbeitsantritt war der Ofen nicht betriebsfähig. An diversen Stellen waren Kacheln verschoben und auch die Rauchzüge waren in schlechtem Zustand. Eine Ausbesserung des bestehenden Innenlebens war deshalb nicht möglich. Der Ofen musste neu gesetzt werden, um ein sicheres Heizen mit einer guten Ausnützung zu gewährleisten. Hierfür wurde der gesamte Ofen bis auf die sandsteinerne Sockelplatte abgebaut und die einzelnen Kacheln ausgekieselt und gereinigt.
Vor dem Wiederaufbau hat unser Praktikant Tobias sämtliche Kacheln der Sitzkunst sowie alle Sandsteinelemente abgelaugt. Diese waren nämlich mit mehreren Farbschichten überstrichen und mussten zunächst von der Farbe befreit werden: Eine mühsame und langwierige Arbeit, die sich aber voll und ganz gelohnt hat, wenn man vorher und nachher vergleicht. Weiter hat Tobias alle Russtörchen, Schieber und die Türe zum Feuerraum mit einer maschinellen Drahtbürste von Rost und Farbe befreit und diese anschliessend mit Leinöl geölt, bevor Heinz Loher sie wieder einbauen konnte.

Heinz Loher begann seine Arbeit mit der Feuermauer, d.h. mit der Rückwand des Ofens, die gleichzeitig die Trennwand von Stube und Küche ist. In der Feuermauer werden Öffnungen für Russtüren und Rauchzüge sowie Schieber belassen, um später die Russtüren und die Schieber einzubauen und die Rauchzüge zu verbinden.
In unserem Fall konnte ein Teil der alten Feuermauer, die mit Lehm und Ziegelsteinen gemauert worden war, behalten werden und nur die unterdimensionierten und instabilen Teile wurden erneuert. Zudem wurde die Mauer mit der örtlichen Feuerpolizei auf ihre Sicherheit geprüft und dem heutigen feuerpolizeilichen Sicherheitsstandard angepasst.
Nachdem die Feuermauer eingebaut war, begann der Wiederaufbau des Ofens. Die Kacheln wurden wieder eingebaut und zwar so, wie sie ausgebaut worden waren. Mittels Schleifsteins wurden sie wo nötig etwas geschliffen, damit sie einerseits für die nächste Reihe eine gerade Linie ergeben und anderseits fugenfrei aneinandergereiht werden konnten. Zu viel durfte aber nicht geschliffen werden, damit der Ofen die ursprüngliche Grösse beibehält, denn schliesslich wird der Ofen auf die bestehende Sockelplatte gesetzt. Nachdem zwei bis drei Reihen gesetzt waren, wurden sie mit Drahtklammern verbunden. Diese sorgen dafür, dass sich die Fugen nach jedem Heizen wieder schliessen, denn der Ofen dehnt sich im Gebrauch jeweils ein wenig aus. Anschliessend wurden sie mit Kieselsteinen und Lehm eingekieselt (die zuvor entnommenen Kieselseteine wurden hierbei wieder eingesetzt). Die Hohlräume der Kacheln, also der Platz rund um den Stumpf, müssen vollständig ausgefüllt sein, um möglichst viel Speichermasse zu erhalten. Nach dem Setzen und Einkieseln einiger Kachelreihen wurde jeweils wieder am Innenleben des Ofens weitergearbeitet. Der Feuerraum wurde als erstes in Angriff genommen, da dieser zuunterst liegt. In unserem Fall ist dies ein Gewölbe, das mit vorgefertigten Gewölbesteinen aus gebranntem Ton gemauert wurde. Anschliessend wurden die Rauchzüge über einen möglichst langen Weg nach oben geführt, bis sie schliesslich in den bestehenden Kamin münden. Hierdurch wird die Energie, die beim Verbrennen des Holzes freigesetzt wird, optimal ausgenützt. Neu sind die Rauchzüge um Einiges länger als vorgefunden und es mussten zwei neue Russöffnungen für den Kaminfeger eingebaut werden. Diese wurden im Warmhaltefach, welches im Ofen integriert ist, untergebracht. Schlussendlich ist es von grosser Wichtigkeit, dass sämtliche Züge vom Kaminfeger gereinigt werden können, um den Ofen betriebssicher und -fähig zu halten.

Nachdem der Ofen aufgebaut war, folgte das Aufbauen der Sitzkunst. Bei dieser mussten einige Kacheln ersetzt werden, da diese im Laufe der Jahre etwas stärker gelitten hatten als diejenigen des Ofens. Vermutlich wurde die Chouscht mit Kacheln des Vorgängerofens gebaut. So wurden die unifarbenen Kacheln komplett ersetzt und die bemalten wieder eingebaut. Auch die Sandsteinabdeckungen wurden wieder eingesetzt, obwohl sie zum Teil Risse aufweisen. Eine in der Küchenwand entdeckte Kachel mit der Inschrift des mutmasslichen Erbauers des Vorgängerofens wurde ebenfalls in der Chouscht eingebaut. Diese erwähnt den Hafner Franz Joseph Sprüngli aus Villmergen und die Jahreszahl 1830 ist darauf vermerkt. Wie die drei Jahreszahlen 1805 (Baujahr des Hauses), 1818 (Jahreszahl auf dem Ofensockel) und 1830 (datierte Kachel) genau zusammenhängen, ist uns bis jetzt nicht klar und es kann nur darüber spekuliert werden. Es ist nichts Neues, dass ein Ofen von 1830 auf einen Sockel von 1818 gebaut wurde. Der Sockel wurde demnach einfach wiederverwendet, was sich auch aufgrund von dessen Bauart rückschliessen lässt. Die Frage aber bleibt: Was war davor? Wie wurde das Haus unmittelbar nach der Fertigstellung beheizt? Diese Frage hat sich leider im Laufe der Arbeiten am Ofen nicht beantwortet und wird wohl auch weiterhin offen bleiben. Gewiss ist jedoch, dass sich in der neuen Küche auch die historische Küche befand (mehr Infos dazu im Beitrag „Instandstellung der Küchendecke„). Es wurde also schon immer dort gefeuert, wo auch jetzt eingeheizt wird.

Was nun noch zu tun bleibt, ist das Ausbessern der beschädigten Stellen an einzelnen Kacheln sowie der Einbau des hölzernen Schubladenstockes unter der Chouscht. Der Wiederaufbau des Ofens macht es bereits jetzt möglich, das künftige Wohnzimmer zu temperieren. Zudem werden nun vorzu die Fenster eingebaut, was ebenfalls dazu beiträgt, dass es im Haus zu uns aller Freude etwas wärmer wird.

5 Comments

  • Ich freue mich immer wieder über den Fortschritt dieser Arbeiten.
    Mir ist aufgefallen, dass Kauscht und Ofen unterschiedlich gestaltet sind. Sind diese nicht gleich alt?

    Für die weiteren Schritte alles Gute wünscht

    • Die Chouscht wurde vermutlich mit Kacheln des Vorgängerofens gebaut. Die in der Küchenwand entdeckte Kachel mit der Inschrift des Ofenbauers von 1830 weist darauf hin. Der weiss-blaue Ofen stammt vermutlich aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.

  • Wunderbar gemacht, wahrlich ein Meisterstück! Wir hatten auch die Firma Loher für unseren Kachelofen. Macht weiter so und gutes Gelingen! Grüsse Ursula Eigenmann

  • Gut gemachte Arbeit! In unserem Elternhaus möchten wir den Ofen zu einem Kaminofen umbauen lassen. Der sollten für die Wärme in dem Flur sorgen, indem das ganze Haus vom Gas beheizt wird. Hoffentlich sichert solche Kombination die winterliche Wärme!

  • Ein toller Erfahrungsbericht! Ich erinnere mich daran, als mein Papa unsere Heizung eingebaut hat. Er benutzt bis heute ein Kachelofen und ich fand, dass es sein Meisterwerk ist. Benutzt ihr drinnen die Schamottesteine?

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