Das Dach, Teil 1

Vor rund sechs Wochen haben die Arbeiten am Dach begonnen. Es war bis jetzt eine sehr intensive Zeit, ist es immer noch und wird es auch bleiben. Dennoch ist es langsam an der Zeit für einen ausführlichen Bericht zu den bis jetzt geleisteten Arbeiten am Dach sowie später auch zum Fassadenputz.

Es war an der Zeit, das in die Jahre gekommene Dach, an dem in den letzten Jahrzehnten nur das Nötigste gemacht wurde, zu sanieren. Es tropfte bei Regen an diversen Stellen in den Dachstock und man konnte einige Wasserschäden feststellen, die über die Jahre entstanden waren und die Konstruktion und deren Stabilität zunehmend beeinträchtigten.
Das einfach gedeckte Biberschwanzdach mit von innen sichtbaren Holzschindeln wird nun zu einem gedämmten Dach ausgebaut. Da ich es wichtig finde, dass die alte Dachstuhlkonstruktion auch mit einem gedämmten Dach weiterhin sichtbar ist, habe ich mich für eine Aufsparrendämmung entschieden, d.h. die Dämmung kommt – wie es der Name schon sagt – auf die Sparren zu liegen. Eine Aufsparrendämmung bietet den grossen Vorteil, dass die bestehende Dachkonstruktion mit dem Aufbau der Dämmebene zusätzlich massiv verstärkt werden kann und auch die Mehrlast der Dämmung problemlos trägt. Die Schwierigkeit liegt darin, die ort- und traufseitigen Abschlüsse schlank und möglichst nach historischem Vorbild zu gestalten. Wir haben aber gute Lösungen gefunden, dank welchen man dem Dach später nicht mehr ansehen wird, dass es mit 22 Zentimetern Dämmung versehen ist.
Der erste Schritt war das Abdecken des Daches. Wir sortierten die noch brauchbaren Biberschwänze aus und stapelten sie im Dachstock; die moderneren und defekten wurden entsorgt. Das Dach soll wieder mit den handgemachten historischen Biberschwänzen eingedeckt werden. Dazu benötigen wir ca. 10’000 Stück, wovon 2’000 von der vorhandenen Eindeckung wieder verwendet werden können. Die restlichen haben wir teils von Abbruchobjekten selber abgebaut oder können sie aus der Region zukaufen. Speziell war beim Entfernen der Ziegel und Ziegellatten, dass an manchen Stellen sogenannte „Fyrabigziegel“ eingebaut wurden und die Ziegellatten teils mit Holznägeln befestigt waren. Bei den „Fyrabigziegeln“ handelt es sich um den letzten Ziegel, welchen ein Arbeiter am Tag anbrachte. Auf diese Weise konnte die Tagesleistung jeweils abgezählt werden. Je nach Stimmung des Arbeiters war dieser verziert und mit dem Namen versehen worden oder man hat einfach mit den Fingern eine Wellenstruktur gezeichnet.
Die mit Holznägeln befestigen Dachlatten weisen darauf hin, dass diese höchstwahrscheinlich aus der Bauzeit des Hauses stammen. Es ist schon erstaunlich, wie lange sich diese gehalten haben, wenn man bedenkt, dass die Last der Ziegel stets darauf gelegen hat und auch die bei einem einfach gedeckten Dach nicht immer dichten Holzschindeln teils Wasser durchgelassen haben.

Nachdem also das Dach abgedeckt war, ging es an die nächsten Schritte:

1. Das Entfernen der Aufschieblinge
Die Aufschieblinge – das sind die Balken auf den Sparren, die das Dach im unteren Bereich mit einem Knick versehen – mussten entfernt werden, um die Dämmschicht in diesem Bereich durchgehend aufbauen zu können. Die Aufschieblinge werden etwas gekürzt und somit verschiebt sich auch der Dach-Knick etwas nach unten. Der Vorteil liegt auch hier darin, dass man dem Dach später von aussen die Dämmung nicht mehr ansieht. Die Traufe und somit auch die Dachrinne kommen am selben Ort zu liegen wie bis anhin.

2. Das Reinigen der gesamten Dachkonstruktion
Ich lege grossen Wert darauf, dass die alte Patina der Balken erhalten bleibt. Aus diesem Grund gibt es lediglich eine Methode zum Reinigen der Balken: Als erster Schritt wird der gröbste Dreck mit Druckluft entfernt und auch sämtliche Ritzen ausgeblasen, danach wird mit einer Handbürste und Wasser geschrubbt. Wir verwendeten Bürsten mit feinen Borsten, damit die Holzoberfläche nicht beschädigt und nur der Schmutz entfernt wird.

3. Das Restaurieren der Dachkonstruktion
Nachdem also alle Balken gereinigt waren, konnten wir mit der Restaurierung des Dachstuhls beginnen, um danach die Sichtschallung auf die bestehende Sparrenlage zu montieren. Der Dachstuhl wies zum Teil verfaulte Stellen im unteren Bereich auf, dort wo die Dachkonstruktion auf der Mauer aufliegt. Hier mussten wir die bestehenden Balken verstärkten, da die gesamte Last des Daches darauf zu liegen kommt.
Zudem wurde an diversen Stellen früher einmal „gebastelt“. Wir haben sämtliche dieser Basteleien wieder in den Originalzustand zurückgeführt.

4. Montage der Sichtschalung und Dampfbremse
Als Sichtschallung kam breites, geschliffenes und unbehandeltes Nut- und Kammtäfer aus heimischer Fichte zum Einsatz. Dieses bildet den inneren Abschluss der Dämmebene. Von aussen her wurde dann die Dampfbremse verlegt und verklebt, um Kondensationsschäden im Dach zu verhindern.

5. Neue Sparrenlage für die Dämmung
Mit einer eingeblasenen Flockendämmung – in unserem Fall Zelluloseflocken – spielen die Abstände der Hohlräume für die Dämmung keine wesentliche Rolle und somit konnten wir die neuen Sparren der Dämmebene auf die bestehenden alten Sparren schrauben und diese somit zusätzlich verstärken. Um die Dampfbremse, die zwischen den neu eingebrachten Sparren und der Sichtschalung liegt, mit den Schrauben nicht zu verletzen, wurde ein sogenanntes Nageldichtungsband bei jeder einzelnen Schraube aufgeklebt. Dieses verschliesst die Durchdringung der Schraube wieder nachhaltig.

So viel zur bis jetzt geleisteten Arbeit und nun zum Ausblick:
Als nächstes werden die Sticher montiert, die in der Dämmebene liegen und von aussen das Bild der auskragenden Pfetten ergeben. Auf diese wird dann der Flugsparren montiert, auf welchem anschliessend die Untersicht zu liegen kommt. Nach dem Setzen der Sticher und der Flugsparren kann unser Maurer die Fassade bis oberkant bündig zur Sparrenlage (um die Stärke der Dämmebene) ergänzen. Mit dem Aufmauern erzielen wir, dass die Dachkonstruktion ortseitig schlank bleibt und kein Unterschied zu früher erkennbar ist.
Danach kann der äussere Abschluss der Dämmebene gemacht werden, um den Hohlraum zum Ausblasen mit Dämmflocken herzustellen. Zum Schluss kommt dann noch eine Konterlattung auf die Konstruktion und auf dieser werden dann die Dachlatten für die Biberschwanzeindeckung angebracht.

5 Comments

  • DA BRAUCHT ES ABER VIELE HELFER UND ES MACHT SICHER AUCH SPASS EINE SOLCHE RENOVATION – ICH BIN DANN GESPANNT, WENN ALLES FERTIG IST.

  • Simon, eine tolle, gründliche Reportage, und mit vielen, wertvollen Informationen.
    Ich bin geneigt dir zu empfehlen ein Buch zu schreiben, oder die einzelnen Schritte zu vermarkten.
    Du gefällst mir immer mehr.
    Mit liebem Gruss, Willy Ju

  • Ich finde es schön wie Sie sich um das alte Haus kümmern. Danke für die Berichterstattung mit den tollen Bildern. Weiter so

  • Lieber Simon
    Das ist ja eine unwahrscheinlich grosse Arbeit. Jetzt verstehe ich, dass dieses Dach eine so grosse Arbeit erfordert hat.
    Die vielen Fachausdrücke verstehe ich ja nicht, aber da wundert man sich, wie vielfältig so eine Restauration ist.
    Ich wünsche Dir und Deinen Helfern viel Erfolg und ich werde die Restauration weiterhin aus der Ferne beobachten.

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